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Dalaimann, geh du voran!
Tibet als Provinz westlicher Sinnsuche

Vortrag von Horst Pankow

Sport ist Mord lautete einer der wenigen Slogans aus der versunkenen Welt der alten „Neuen Linken“, die auch nach den postmortalen Desillusionierungsexzessen von Veteranen und Spätberufenen noch eine gewisse Geltung beanspruchen dürfen. Freilich stellt sich in der Rückschau die Bedrohlichkeit öffentlich inszenierter Leibesübungen vor allem als Gefahr an Langeweile zumindest mental zugrunde zugehen dar. Dass Angehörige der „eigenen Nation“ schneller laufen, höher springen und allerlei Kindereien besser beherrschen als „die anderen“ – was nützt das angesichts schwindender Hoffnung im Ozean kapitalistischer Konkurrenz die Strohhalme vermeintlicher Rettung vor den anderen zu erreichen oder der Aussicht mit Strohhalm und anderen gemeinsam unterzugehen. Spannend war die Olympiade in München 1972, als palästinensische Antisemiten die deutsche Idee einer eschatologischen Endlösung ins Urheberland qua praktizierten Judenmordes zurück brachten und im finalen Schießwettbewerb mit bayerischen Polizeikräften erhebliche Trefferquoten erzielten. Die Palästinenser der diesjährige Olympiade in China sollten aus China kommen – aus Tibet, dem „Dach der Welt“. Hatte doch im März eine tibetische Hamas-Bewegung den „Volksaufstand“ gewagt und konsequenterweise „Fremdstämmige“ durch Brandschatzung massakriert. Angesichts dieser Erwartungen geriet die Olympiade angesichts mangelnder tibetisch-nationaler Manifestationen zur Enttäuschung. Die von westlichen Medien unisono als „spiritueller Führer der Tibeter“ bezeichnete Person, der „XIV. Dalai Lama“ hatte sich nicht nur von den mörderischen tibetischen Märzereignissen ausdrücklich distanziert, während der Olympiade besuchte sie demonstrativ das „laizistische“ Frankreich, das kurz darauf den katholischen Papst eine Art „privilegierter Partnerschaft“ anbieten sollte. Überhaupt unterbietet der Dalai Lama in seinen öffentlich und darüber hinaus publizierten Äußerungen die verbalen Sensationen der Sinnsucher eines neuen „antitotalitären“ Zusammenhangs. Angesichts des westlichen Gegeifers gegen „Maos Horden“ und „bolschewistische Kulturvernichtung“ lesen sich seine Schriften verhältnismäßig moderat und gleichermaßen langweilig. Er hat zwei Optionen: Ein „autonomes Tibet“ innerhalb des bestehenden Chinas, inklusive der Transferzahlungen seitens der Pekinger Zentrale, oder ein „selbständiges“ unter westlicher Ägide, vor allem finanziert durch den Hauptexportartikel „Spiritualität“. Seine westlichen Anhänger – hat er überhaupt andere? – sehen in ihm eine Lichtgestalt, einen modernen Propheten. Dabei zehren sie vor allem von eigenen „spirituellen“ Leistungen, denn in den Schriften „Seiner Heiligkeit“ (offizielle Anrede nicht nur unter ausgemachten Jüngern) ist von Originalität wenig zu verspüren. Die aus diesen Schriften sprechende allgemeine Diffusität mag ein Schlüssel zum Verständnis der Attraktivität dieses „Heiligen“ sowohl bei Pazifisten wie bei Anhängern der Folter (Roland Koch u. ä.) zu sein. Immerhin ergab eine Umfrage im vergangenen Jahr, dass der Tibeter bei den Deutschen beliebter ist als der deutsche Pabst in Rom. 44% der Befragten bezeichneten den Lama als „Vorbild“, Herr Ratzinger brachte es nur aus 42%. Vor allem solche Projektionen und ihre Funktion(en) für westliche Sinnsucher sollen in der Veranstaltung thematisiert werden.

Horst Pankow lebt in Berlin und veröffentlicht Einwände gegen den Irrationalismus dieser Zeit u.a. in Konkret, Bahamas und Prodomo.

Dienstag, 4. November 2008, 19.30 Uhr
Kulturladen Nord (KuNo)
Wurzelbauerstr.29 Nürnberg
Eintritt 5€ Ermäßigt 3€

Scharia, Sex und Kopftuch
Frauen im Islam

Film, Vortrag und Diskussion mit Thomas Maul und Fathiyeh Naghibzadeh

Als die Frauen Teherans im März 1979 gegen die Kopftuchverordnung Khomeinis auf die Straße gingen, skandierten sie Parolen wie „Emanzipation ist nicht östlich oder westlich, sondern universal.“ Der Kampf um Befreiung war ganz selbstverständlich einer gegen das Kopftuch. Im Westen indes scheint diese Banalität bis heute nicht angekommen zu sein. Im Gegenteil: das Kopftuch geht hierzulande als ein vieldeutiges Stück Stoff durch, das aus den verschiedensten Motiven angelegt werde. Entsprechend habe man sich ein differenziertes „Bild“ von den „Frauen im Islam“ zu machen und kompromisslose Kopftuchgegner als islamophob bzw. rassistisch zu etikettieren. Dass mit der „schleichenden“ Islamisierung jedoch reale Gefahren für Leib und Leben nicht nur von Migrantinnen verbunden sind, wird systematisch verdrängt. Was den Linken und anderen Islamverstehern zu Ehrenmorden, Zwangsehen und sexueller Gewalt einfällt, reduziert sich stets aufs Märchen über patriarchalische Traditionen/ Kulturen, mit denen der Islam nichts zu tun haben soll.

Gegen diesen pseudo-antirassistischen Mainstream richtet sich unsere Veranstaltung. Wir beginnen mit der Vorführung eines 12min. Dokumentarfilms zu den iranischen Frauendemonstrationen. Im Anschluss daran werden Fathiyeh Naghibzadeh und Thomas Maul einigen kritischen Fragen zum Kopftuch, dieser Flagge des Islam, nachgehen: in welchem Zusammenhang steht der Hijab mit der Scharia? Fungiert die Verbreitung des Kopftuchs im öffentlichen Raum auch im Westen als Auftakt zur Schariatisierung der Gesellschaft im Allgemeinen oder „nur“ der islamischen Communities? Welche Rolle weist die Umma der Muslima bei der repressiven Triebregulierung zu? Inwiefern ist das Kopftuch Ausdruck einer biopolitischen Verteidigung des Gemeinwohls gegen weibliche Selbstbestimmung?

Fathiyeh Naghibzadeh ist iranische Exilantin. Sie ist Mitglied des Berliner Mideast Freedom Forum und Co-Filmemacherin der Dokumentation: „Kopftuch als System oder: machen Haare verrückt?“.

Thomas Maul ist Autor des 2006 beim ca-ira-Verlag (Freiburg) erschienenen Buches: „Die Macht der Mullahs. Schmähreden gegen die islamische Alltagskultur und den Aufklärungsverrat ihrer linken Verteidiger“. Im Rahmen der u.a. vom Zentralrat der Ex-Muslime im Juni 2008 veranstalteten Kritischen Islamkonferenz plädierte er für die kopftuchfreie Schule.

Mittwoch, 8. Oktober 2008, 21.00 Uhr
Kommkino im K4
Königstr. 93 Nürnberg
Eintritt 5€ Ermäßigt 3